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AWO und Caritas luden Fachleute zum „Runden Tisch“ ein – Bereits zum 18. Mal luden Arbeiterwohlfahrt und Caritas zum „Runden Tisch“ der sozialen Berufe ein. Thema diesmal: Nonverbale Kommunikation. Als Referent wurde mit Aaron B. Czycholl ein ausgemachter Kenner des Themas verpflichtet, der einen kurzweiligen und höchst informativen Vortrag im restlos gefüllten Franziskusaal der Caritas bot.

Nonverbal begrüßte Stephan Schreitz, Einrichtungsleiter des Sozialpsychiatrischen Dienstes in Miltenberg, die Anwesenden – in Gebärdensprache. Seine abschließende Frage „Wie geht es Ihnen“ blieb unbeantwortet, weil niemand die Gebärde verstand. Schon damit war die Problematik angerissen: Nichtsprachliche Kommunikation kann äußerst unverständlich sein.

Schreitz leitete dann über zum Referenten. Aaron B. Czycholl studierte Gesundheitspsychologie (B.Sc.) und Rechtspsychologie (M.Sc.). Seine Ausführungen begann er mit dem Sprichwort „Reden ist Silber, Schweigen ist Gold“. Aber selbst wenn wir schweigen, kommunizieren wir immer noch. Es ist schlichtweg unmöglich, nicht zu kommunizieren. Unsere Körperhaltung, Gestik und Mimik drückt stets etwas aus, – ob wir dies wollen oder nicht. Anhand der Bilderfolge einer Begegnung der Ehepaare Trump und Macron zeigte der Referent, wie sich das Gesicht des französischen Staatspräsidenten von einer Sekunde zur anderen von Freude in Wut und Hass veränderte, bedingt durch die Art, wie sich Trump zu nah an Madame Macron drängte.

Czycholl erklärte sehr temperamentvoll und lebendig, dass es bei der Mimik sieben Gesichtszüge gibt, die universell sind und sogar bei den Primaten gelten: Wut, Freude, Angst Trauer, Ekel, Überraschung und Verachtung. Ein allgemeingültiges Lexikon nonverbaler Kommunikation, anhand dessen wir nachschlagen können, was welche Körperhaltung, Gestik oder Mimik zu bedeuten hat, gibt es allerdings nicht. Zudem bestehen international auch Unterschiede. Dennoch läuft die nonverbale Kommunikation nicht regellos ab. Jeder von uns weiß z.B., wie intensiv ein Blickkontakt sein darf, wie groß die Distanz in einem förmlichen Gespräch zu sein hat und wann ein Händeschütteln bei einer Begrüßung zu beenden ist. Und wir alle haben in der Regel ein empfindliches Gespür dafür, wenn diese Regeln verletzt werden. So gilt eine „magische Grenze“ von 50 cm, unterhalb der die Nähe als unangenehm empfunden wird. Zum Versuch und zur Darstellung holte sich Czycholl eine Freiwillige aus dem Publikum.

Die nonverbale Kommunikation läuft bei der Mehrheit der Menschen völlig automatisch neben der verbalen Kommunikation ab. Nur Schauspieler oder professionelle Redner sind in der Lage, ihre Körperhaltung, Gestik und Mimik gezielt einzusetzen, um die Wirkung ihrer Sprache zu unterstützen. Der bewusste Einsatz nonverbaler Ausdrucksmittel ist weitaus schwieriger zu koordinieren, als man sich dies meist vorstellt. Kommt eine Armbewegung, die die Aussage des Redners unterstützt, zu früh oder zu spät, dann wirkt sie schnell lächerlich. Ein gutes Timing ist beim gezielten Einsatz der nonverbalen Kommunikation somit von großer Bedeutung.

Czycholl erläuterte die Unterscheidung in objekt-, fremd- und selbstadaptierte sowie emphasische Gesten. Auch der Zeitgeist spielt hier eine große Rolle. Durch Einbindung der Teilnehmer gelang dem Referenten dabei immer wieder eine Auflockerung. Die Frage, welches Körperteil uns am Gegenüber am meisten Aufschluss über die Beziehung zu uns ausdrückt, konnte allerdings keiner der Zuhörenden beantworten. Zur Überraschung benannte Czycholl die Füße. Zeigen diese in Richtung des Gegenübers, deutet dies auf Sympathie hin. Wenden sich diese ab, wird das Gegenüber als unsympathisch empfunden.

Auf die Frage aus dem Publikum, wie man sich in einem Beratungsfall verhalten solle, wenn man mit jemandem spricht, der einem eher unsympathisch ist, kam der Tipp: etwas finden, damit er einem sympathischer wird und das Gespräch damit erleichtert wird. Ansonsten ist es hilfreich, auf eine frontale Sitzposition zu verzichten und eine 135°-Stellung einzunehmen sowie bewusst auf ein tiefes Ausatmen zu achten. Zur Vorsicht riet Czycholl aber auch, um zu verhindern, dass zu viel in Gesten und Mimik hineininterpretiert wird. Es kann in der Beratung hilfreich sein, den anderen auf die Wahrnehmung ansprechen und ihn zu einer eigenen Einschätzung zu ermuntern. Wahrnehmung ist immer auch eine subjektive Angelegenheit, die mit der eigenen Befindlichkeit zusammenhängt.

Stephan Schreitz bedankte sich anschließend für den sehr kurzweiligen und interessanten Vortrag und verband seinen Dank mit der Bitte um Hilfestellung, welche nonverbalen Signale er einsetzen solle, wenn er bei der nächsten Begegnung mit seinem Chef eine Gehaltserhöhung erfrage. Der wichtigste Tipp von Czycholl war: selbst davon überzeugt zu sein, dass es richtig so ist.

Eingeladen waren die Anwesenden, sich anschließend bei Häppchen und Getränken noch auszutauschen. Sie konnten dabei auch den Referenten persönlich ansprechen.

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